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Sperrung des Bäumenheimer Wegs

Ein beliebter Klettersteig muss gesperrt werden - warum geologische Entwicklungen keine Wahl lassen und was die Wissenschaft inzwischen über die Entwicklungen weiß im Überblick.

Vorgeschichte

Der Hochvogel ist ein beliebter und markanter Aussichtsberg, in dessen Gipfelbereich die Grenze zwischen Österreich und Deutschland verläuft.

Auf der südlichen, österreichischen Seite ließ Dr. Oskar Mey, Kommerzienrat aus Bäumenheim, 1904 einen Klettersteig zum Hochvogel bauen. Auf diesen „Bäumenheimer Weg“ konnte man, von Hinterhornbach startend, direkt vom Muttsattel (1.975m) auf den Hochvogel (bis 2.592m) gelangen. Seit 1905 wird der Weg von der Sektion Donauwörth des DAV betreut.

Streitigkeiten mit der Sektion Kaufbeuren

Während Planung, Bau und später gab es Widerstände von der Sektion Kaufbeuren. Grund war, dass die Arbeitsgebiete bereits auf die Sektionen verteilt waren. Das Hornbachtal war den Kaufbeurern der Sektion Allgäu zugeteilt worden.

Es kam zu einem jahrelangen streitbaren Schriftwechsel. Schließlich finanziert Oskar Mey den kompletten Bau aus eigener Tasche und der Steig war nach der Fertigstellung stets gut markiert und bestens mit Drahtseilen gesichert.

Unterstützung aus Hinterhornbach

Der Hinterhornbacher Lehrer Josef Huber supportete Oskar Mey bei der Planung des Weges und bei der Instandhaltung der Seile. Bis ca. 1959 wurde die Sektion zudem von Josef Friedl vom Landgasthof Adler unterstützt. Er übersandte Zustandsberichte und unterhielt nicht nur den Weg, sondern gehörte auch der Bergwacht an. Er fungierte als Sanitäter und Naturheilkundler für verletzte oder erkrankte Bergwanderer.

Geologie

Aus geologischer Sicht liegt der Hochvogel innerhalb der so genannten Lechtal-Decke, welche einen Teil der Nördlichen Kalkalpen darstellt. Der Gebirgsstock des Hochvogel einschließlich seines Gipfels wird aus Hauptdolomit aufgebaut, welcher sich hier deutlich gebankt darstellt. Der Durchtrennungsgrad der Festgesteine ist also sehr stark zu bezeichnen.

Bereits in den Jahren 1934, 1935, 2005 und 2007 sind Felsstürze auf der Ost- und Südseite des Hochvogels dokumentiert. Im Gipfelbereich war seit über 50 Jahren ein Spalt bekannt, der jedoch immer weiter aufklaffte.

Gutachten 2014 und Sperrung des Wegs

© Landesgeologie Tirol
© Landesgeologie Tirol

Ein Überflug zeigte deutlich, dass vor allem der Gipfelbereich, aber auch der gesamte Gebirgsstock des Hochvogel in fortschreitender Auflösung begriffen ist. Dies führt zu häufigem Steinschlag, der nicht nur von der direkten Gipfelregion ausgeht, sondern in allen steilen Felswandbereichen stattfindet. Des weiteren schreitet die Zerlegung der Felswände so voran, dass Blockstürze immer wieder stattfinden und dass der Absturz ganzer Felswandbereiche und Felstürme ohne vorherige Ankündigung möglich ist. Von diesen Gefahren ist nicht nur der Gipfelbereich des „Bäumenheimer Weges“, sondern der gesamte Wegabschnitt in den Felswandbereichen und in der darunter liegenden Sturzhalde betroffen. Daraus leitet sich auch die Notwendigkeit der Wegsperre in Richtung Gipfel ab.

Die Auswertung von Luftbildern seit 1974 zeigt, dass die Auflösungsprozesse am Hochvogel voranschreiten und es keinen Grund zur Annahme gibt, dass die Bewegungen langsamer werden oder gar stoppen könnten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit zunehmenden Öffnungsweiten das Eindringen von Niederschlagswässern in Form von Schnee/Eis und Regen zunimmt, was diese Prozesse verstärkt (Verminderung der Reibung an den Trennflächen, Frost/Tauwechsel, Temperaturverwitterung, etc.).

Gipfelbereich

Der Gipfelbereich selbst wird – grob in Nord-Süd-Richtung verlaufend – von zumindest zwei Spaltensystemen durchzogen. Eine Spalte mit einer Öffnungsweite von mehreren Metern (geschätzt 5 bis 10 m) befindet sich auch im Gipfelbereich auf österreichischer Seite. Laut Schilderungen von Bergsteigern muss davon ausgegangen werden, dass sich diese Spalte im Laufe der vergangenen Jahre deutlich weiter geöffnet hat. Der Überflug hat desweiteren gezeigt, dass die östliche Spalte teilweise mit Lockermaterial verfüllt ist, welches offensichtlich aktuelle Setzungsprozesse durchmacht (frische Risse). Die Auswertung von Luftbildern seit 1974 zeigt, dass 1974 der östliche Riss bereits angelegt ist, aber erst undeutlich vorhanden ist und bei weitem nicht die heutigen Öffnungsweiten aufweist. Die späteren Überflüge zeigen eine fortschreitende Entwicklung bis hin zum heutigen Zustand.

Sperrung des Weges

Aufgrund der Befunde hat die Sektion Donauwörth am 25. September 2014 den Bäumenheimer Weg gesperrt. Wir weisen daraufhin, dass bei einer Begehung Lebensgefahr besteht.

Weitere Gutachten der Landesgeologie Tirol

© Landesgeologie Tirol
© Landesgeologie Tirol

In weiteren Gutachten hat sich die Lage bestätigt. Auffällig waren der hohe Zerlegungsgrad eines mehrere Meter hohen Felsturmes in der Ostwand des Hochvogels. Vor allem der Fuß dieses Turmes ist sehr stark zerlegt (siehe Foto - dieses Partien könnten jederzeit abstürzen).

Im Sommer 2016 sind größere Felsblöcke abgestürzt, vor allem in der (Süd-)Westflanke des Hochvogels. Gefahren für Bergsteiger bestehen daneben auch in der Tatsache, dass es in den Spalten ständige Nachrutsch- und Nachsturzprozesse des Füllmaterials gibt und somit Spaltenstürze zu befürchten sind.

Nach aktuellem Stand sind die Perspektiven nicht erfreulich. Es steht zu befürchten, dass große Teile der Wand in absehbarer Zeit zusammenbrechen und abzustürzen. Eine mechanische Lösung, etwa durch Sprengungen, ist nicht möglich, da zu viel Felsmaterial betroffen ist.

Bewegungsmessungen

© Michael Krautblatter, TU München
© Michael Krautblatter, TU München

Die aktuellen Ergebnisse der Bewegungsmessungen der TU München beschreiben, dass sich im Gipfelbereich des Hochvogel einiges tut. Der Hauptriss ist innerhalb von einem Jahr um 5cm gewachsen.

Wächst der Riss weiter, ist damit zu rechnen, dass 10.000 Kubikmeter Felsmasse die Südwand und damit auf den Bäumenheimer Weg herabstürzen könnten. Prof. Dr. Krautblatter möchte kontinuierliche Messungen der Bewegungen am Berg durchführen. Nur dann könnte man einige Tage im Voraus eine Vorhersage treffen: Wenn der Riss mehrere Zentimeter oder mehrere Dezimeter pro Tag wächst, wird es gefährlich.

Weitere Informationen: Gutachten

1. Gutachten (2014) (863.39KB, pdf)
2. Gutachten (2015) (342.71KB, pdf)
3. Gutachten (2017) (502.88KB, pdf)