Sperrung Bäumenheimer Weg

Zusammenfassung

Bäumenheimer Weg und dessen Sperrung

Der Hochvogel ist ein beliebter und markanter Aussichtsberg, in dessen Gipfelbereich die Grenze zwischen Österreich und Deutschland verläuft.

Auf der südlichen, österreichischen Seite ließ Dr. Oskar Mey 1904 einen Klettersteig zum Hochvogel bauen. Auf diesen „Bäumenheimer Weg“ konnte man, von Hinterhornbach startend, direkt vom Muttsattel (1.975m) auf den Hochvogel (bis 2.592m) gelangen. Auf der Allgäuer Seite verläuft eine Tour zum Hochvogel in der Regel über das Prinz Luitpold Haus.

In den Gutachten der Landesgeologie Tirol ab 2014 wurde belegt, dass sich in der Ost- und Südwand des Hochvogels frische Spalten bilden, sich Felstürme aufbauen und der Absturz von teils ausgedehnten Wandpartien in Vorbereitung sind.

Ferner hat sich die seit längerem bekannte Spalte im Gipfelbereich des Hochvogels in den letzten Jahren deutlich aufgeweitet; anhand der Luftbilder ist erkennbar, dass sie eine Tiefe von ca. 100m erreicht. Bewegungsmessungen der TU München haben ergeben, dass sich der Hauptriss der Gipfelspalte binnen eines Jahres um 5cm aufgeweitet hat.

hochvogel

Aufgrund des ersten Gutachtens wurde der im Bereich der Ost- und Südwand verlaufende Bäumenheimer Weg am 25. September 2014 gesperrt. Das zweite Gutachten konnte das Erste untermauern. Die Sperrung ist dauerhaft notwendig, eine Begehung des Klettersteiges ist mit absoluter Lebensgefahr verbunden.

Auf den Hochvogel kann man immer noch von Hinterhornbach via Schwabegghütte und dann ab Muttsattel (Punkt 1.975m) über das Kuhkar, den Fuchsensattel und Kalten Winkel wandern. Es ist mit einer Gehzeit von ca. 4½ bis 5½ h ab Hinterhornbach und vom Gipfel 3½ bis 4h zurück nach Hinterhornbach zu rechnen. Ferner ist weiterhin von Allgäuer Seite der Zustieg über das Prinz Luitpold Haus möglich. Zu beachten ist jedoch, dass auf dem Gipfel des Hochvogels ein Abstand von zwei Metern Abstand zur großen westlichen Felsspalte einzuhalten ist.

KarteHochvogel

Geologie

Aus geologischer Sicht liegt der Hochvogel innerhalb der so genannten Lechtal-Decke, welche einen Teil der Nördlichen Kalkalpen darstellt. Der Gebirgsstock des Hochvogel einschließlich seines Gipfels wird aus Hauptdolomit aufgebaut, welcher sich hier deutlich gebankt darstellt. Der Durchtrennungsgrad der Festgesteine ist also sehr stark zu bezeichnen.

Motivation

Dokumentiere Felsstürze auf der Ost- und Südseite des Hochvogels gab es in den Jahren 1934, 1935, 2005 und 2007 und 2016.

Felssturz2007 Die GrenzgaengerJoschSasa wanderpfa de

Den Spalt im Gipfelbereich gibt es schon seit über 50 Jahren. Bergsteiger haben im September 2014 berichtet, dass der Felsspalt im Gipfelbereich stärker aufklafft, als bisher.

Daraufhin hat die Bezirkshauptfrau des Bezirks Reutte, Frau Mag. Katharina Rumpf die Landesgeologie Tirol in Kenntnis gesetzt. Bürgermeister Martin Kärle der Gemeinde Hinterhornbach bat die Landesgeologie um Abklärung der Situation. Ein Überflog mittels Hubschrauber wurde durchgeführt und eine Stellungnahme mit Gutachten ist erstellt worden.

Gutachten der Landesgeologie vom 25. September 2014

Gefahr von Steinschlag, Blockstürzen und Absturz ganzer Felswandbereiche

Der Überflug hat deutlich gezeigt, dass vor allem der Gipfelbereich, aber auch der gesamte Gebirgsstock des Hochvogel progressiv in Auflösung begriffen ist. Dies bedingt häufigen Steinschlag, der nicht nur von der direkten Gipfelregion ausgeht, sondern in allen steilen Felswandbereichen stattfindet. Des weiteren schreitet die Zerlegung der Felswände so voran, dass Blockstürze immer wieder stattfinden und dass der Absturz ganzer Felswandbereiche und Felstürme mehr oder weniger jederzeit und ohne vorherige Ankündigung plötzlich möglich ist. Von diesen Gefahren ist nicht nur der Gipfelbereich des „Bäumenheimer Weges“, sondern der gesamte Wegabschnitt in den Felswandbereichen und in der darunter liegenden Sturzhalde betroffen. Daraus leitet sich auch die Notwendigkeit der Wegsperre in Richtung Gipfel ab.

Die Auswertung von Luftbildern seit 1974 zeigt, dass die Auflösungsprozesse am Hochvogel progressiv voranschreiten und es keinen Grund gibt anzunehmen, dass die Bewegungen langsamer werden oder gar stoppen könnten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit zunehmenden Öffnungsweiten das Eindringen von Niederschlagswässern in Form von Schnee/Eis und Regen zunimmt, was diese Prozesse verstärkt (Verminderung der Reibung an den Trennflächen, Frost/Tauwechsel, Temperaturverwitterung, etc.).

bildung felstuerme und spalten 2014 2015

Gipfelbereich

Der Gipfelbereich selbst wird – etwa in Nord-Süd-Richtung verlaufend - von zumindest zwei Spaltensystemen durchzogen. Eine Spalte mit einer Öffnungsweite von mehreren Metern (geschätzt 5 – 10 m) befindet sich auch im Gipfelbereich auf österreichischer Seite. Laut Schilderungen von Bergsteigern muss davon ausgegangen werden, dass sich diese Spalte im Laufe der vergangenen Jahre deutlich weiter geöffnet hat. Der Überflug hat desweiteren gezeigt, dass die östliche Spalte teilweise mit Lockermaterial verfüllt ist, welches offensichtlich aktuelle Setzungsprozesse durchmacht (frische Risse). Die Auswertung von Luftbildern seit 1974 zeigt auf, dass 1974 der östliche Riss bereits angelegt ist, aber erst undeutlich vorhanden ist und bei weitem nicht die heutigen Öffnungsweiten aufweist. Die späteren Überflüge zeigen eine progressive Entwicklung bis hin zum heutigen Zustand.

gipfelbereich mit bruchkante

Sperrung

Auf Basis der im Befund dargestellten Verhältnisse muss aus geologischer Sicht empfohlen werden, den so genannten „Bäumenheimer Weg“ ab Muttsattel (Punkt 1.975m) sofort zu sperren. Vom Gipfel des Hochvogels muss diese Sperre zumindest zwei Meter von der Westgrenze der großen Spalte östlich des Gipfelkreuzes beginnen. Dieser 2-Meter-Abstand muss für den gesamten Gipfelbereich entlang des westlichen Spaltenrandes dieser Spalte gelten.

Die Sektion Donauwörth des Deutschen Alpenvereins (DAV) e. V. hat bekannt gegeben, das der Bäumenheimer Weg ab 25.09.2014 komplett gesperrt ist und darauf hingewiesen, dass bei einer Begehung Lebensgefahr besteht.

2. und 3. Gutachten der Landesgeologie Tirol vom 10. Juli 2015 und 30. Oktober 2017 | Sperrung bleibt erhalten

Befund

Hinsichtlich des Befundes wird im Wesentlichen auf die Stellungnahme vom September 2014 verwiesen. Die dort beschriebene Situation hat sich weitgehend bestätigt. Der frische Schutt auf den vorhandenen Felsstufen deutet auf laufende Erosionserscheinungen (Steinschläge, Blockstürze) hin. Auffällig war vor allem auch der hohe Zerlegungsgrad eines mehrere Meter hohen Felsturmes in der Ostwand des Hochvogels. Vor allem der Fuß dieses Turmes ist sehr stark zerlegt.

Im Sommer 2016, vor allem im Zeitraum zwischen 9. Juli 2016 und 11. Juli 2016 sind größere Felspartien abgestürzt. Auch im heurigen Jahr, bzw. jedenfalls nach der Befliegung am 17. Oktober 2016 kam es offenbar wieder zu nennenswerten Blockstürzen.

Vor allem die (Süd-) Westflanke des Hochvogels ist von massiven Block-und Felsstürzen betroffen. Auch schreitet hier der Zerlegungsgrad der Felswand laufend voran (siehe Fotos). Das Fehlen ganzer Felsparteien war auch aus dem Hubschrauber gut erkennbar.

Gutachten

Auf Basis der im Befund dargestellten Verhältnisse muss aus geologischer Sicht empfohlen werden, die Sperre des so genannten „Bäumenheimer Weges“ bis auf Weiteres aufrecht zu halten. Vom Gipfel des Hochvogels muss diese Sperre zumindest zwei Meter von der Westgrenze der großen Spalte östlich des Gipfelkreuzes beginnen. Dieser 2-Meter-Abstand muss für den gesamten Gipfelbereich entlang des westlichen Spaltenrandes dieser Spalte gelten.

absturzbereite grosse kubaturen landesgeologie tirol

Begründung

Insbesondere an der westlichen bzw. südwestlichen Flanke schreitet die Zerlegung der Felswände so voran... Im Laufe der inzwischen schon mehrfachen Befliegungen konnten laufend Veränderungen am Felsverband festgestellt werden.

Von diesen Gefahren ist nicht nur der Gipfelbereich des „Bäumenheimer Weges“, sondern der gesamte Wegabschnitt in den Felswandbereichen und in der darunter liegenden Sturzhalde betroffen.

Eine weitere Gefahr für Benützer des so genannten „Bäumenheimer Weges“ liegt in der Tatsache, dass vor allem die Füllung der östlichen Gipfelspalte ständigen Nachrutsch-und Nachsturzprozessen unterworfen ist und somit Spaltenstürze von Bergsteigern möglich sind.

Die Auswertung von Luftbildern seit 1974 zeigt, dass die Auflösungsprozesse am Hochvogel progressiv voranschreiten und es keinen Grund gibt anzunehmen, dass die Bewegungen langsamer werden oder gar stoppen könnten.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit zunehmenden Öffnungsweiten das Eindringen von Niederschlagswässern in Form von Schnee/Eis und Regen zunimmt, was diese Prozesse verstärkt (Verminderung der Reibung an den Trennflächen, Frost/Tauwechsel, Temperaturverwitterung, etc.). Dies hat letztlich auch die erneute Befliegung am 19. Juli 2017 bestätigt.

Weitere Infos

Hunderttausende Kubikmeter Fels betroffen

„Die Perspektiven, die wir sehen, sind allesamt nicht schön“, heißt es von Seiten der Landesgeologie. Der Mensch könne hier nicht eingreifen (etwa mit Sprengungen – Anm. d. Red.). Denn Hunderttausende Kubikmeter Fels seien betroffen. Große Teile der Wand würden in absehbarer Zeit zusammenbrechen und abstürzen.

messungen tu muenchen

Bewegungsmessungen der TU München und Foto-Aufruf

Die aktuellen Ergebnisse der Bewegungsmessungen der TU München beschreiben, dass sich im Gipfelbereich des Hochvogel einiges tut. Der Hauptriss ist innerhalb von einem Jahr um 5cm gewachsen.

Wächst der Riss weiter, ist damit zu rechnen, dass 10.000 Kubikmeter Felsmasse die Südwand und damit auf den Bäumenheimer Weg herabstürzen könnten. Prof. Dr. Krautblatter möchte kontinuierliche Messungen der Bewegungen am Berg durchführen. Nur dann könnte man einige Tage im Voraus eine Vorhersage treffen: Wenn der Riss mehrere Zentimeter oder mehrere Dezimeter pro Tag wächst, wird es gefährlich.

Ein Antrag für eine digitale Messanlage am Hochvogel liegt deshalb bei den Behörden in Bayern und Tirol.

Um die Vorgänge der Auftweitung der Gipfelspalte zeitlich besser einordnen und nachvollziehen zu können, hat die TU München in Kooperation mit dem DAV Donauwörth einen Aufruf gestartet. Es wird darum gebeten, historische Fotos der Gipfelspalte mit Jahresangabe zu übermitteln.

Bericht im ZDF

youtube.com/embed/iOQd-JkFApU

 

 

Quellen

  • Gemeinde Hinterhornbach – Hochvogel; Abklärung der aktuellen Steinschlag-, Blocksturz- und Felssturzsituation; Stellungnahme der Landesgeologie "Stellungnahme der Amtssachverständigen für Geologie, Hydrogeologie und technische Geologie, sowie für den Schutz vor Erosion und vor alpinen geogenen Naturgefahren", Amt der Tiroler Landesregierung, Dr. Gunther Heißel, Mag. Thomas Figl, 25.09.2014
  • Gunter Heißel, Landesgeologie Tirol im Interview mit dem Tiroler Tagblatt am 01.10.2014
  • Gemeinde Hinterhornbach – Hochvogel; Abklärung der aktuellen Steinschlag-, Blocksturz- und Felssturzsituation; Stellungnahme der Landesgeologie "Stellungnahme der Amtssachverständigen für Geologie, Hydrogeologie und technische Geologie, sowie für den Schutz vor Erosion und vor alpinen geogenen Naturgefahren", Amt der Tiroler Landesregierung, Dr. Gunther Heißel, Mag. Thomas Figl, 10.07.2015
  • Email von Mag. Thomas Figl, Amt der Tiroler Landesregierung, 23.07.2015 • Telefonat mit Prof. Dr. rer. nat. Krautblatter, TU München, 27.07.2015
  • Am Hochvogel öffnet sich eine mächtige Spalte, Tiroler Tageszeitung, 23.09.2014 | Aufgerufen: April 2016
  • Felsstürze: wanderpfa.de , alpic.net/forum | Aufgerufen: 19.04.2016
  • alpenvereinaktiv.com - Hochvogel 2.592m vom Prinz Luitpold Haus (Tour Heibronner Weg)| Aufgerufen: April 2016
  • alpenvereinaktiv.com - Hochvogel via Bäumenheimer Weg | GESPERRT! | Aufgerufen: April 2016
  • Gemeinde Hinterhornbach – Hochvogel; Abklärung der aktuellen Steinschlag-, Blocksturz- und Felssturzsituation; Stellungnahme der Landesgeologie "Stellungnahme der Amtssachverständigen für Geologie, Hydrogeologie und technische Geologie, sowie für den Schutz vor Erosion und vor alpinen geogenen Naturgefahren", Amt der Tiroler Landesregierung, Dr. Gunther Heißel, Mag. Thomas Figl, 30.10.2017
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